Thomas Maurer über die Gefährlichkeit von Religion

am Sonntag , den 11.9.22 am Vormittag in der Sendung „Gedanken“

Eine Sensation hat sich am Sonntagvormittag im Österreichischen Rundfunk abgespielt, die vielleicht auch durch uns atheistische Humanisten oder die Buchveröffentlichungen der letzten Jahre gefördert wurde. Einer der bekanntesten Kabarettisten des Landes, der auch schon bei den Humanisten (vormals Freidenkern) aufgetreten ist, hat in der Sendung „Gedanken“ offen über die Gefährlichkeit der Religionen gesprochen. Das ist in dieser Eindeutigkeit sehr selten der Fall. Das kann man an einer Hand abzählen, wie viele Sprecher das wagen. Obwohl es da immerhin um die Glaubwürdigkeit und den Stellenwert der Wissenschaft in unserer Gesellschaft geht, hört man leider von Wissenschaftlern so gut wie nie Kritik in diese Richtung.

Der Kabarettist Thomas Maurer hingegen hat sich kein Blatt vor den Mund genommen. Wie überhaupt zu bemerken ist, dass die Kabarettisten in diesem Land die wichtigste gesellschafts- und religionskritische Kraft darstellen, die auch in der Tat einen maßgeblichen Einfluss ausüben kann. Immer mehr Kabarettisten identifizieren sich mit einem atheistischen Humanismus und kritisieren mehr oder weniger die Religion, das religiöse Personal oder die Kirche an sich in ihren Programmen. Einige sind dezidiert wissenschaftsfreundlich. Thomas Maurer hat sich heute gegen die Toxizität der Religion an sich weltweit gewandt und die Schädigungen auf dem politischen Sektor angeprangert. Wörtlich erklärte er:

Eine der Entwicklungen der letzten Jahre war der Versuch, Glauben, an was auch immer, der Erkenntnis, dem Wissen gleichzusetzen. Das geht an die Wurzel, wo es um Glauben geht, wo es um Religion geht, und da gibt es nichts Besseres, wie wenn Glauben und der Stand der Forschung gleich behandelt werden. Also wann du sagst, Corona gibt´s nicht, dann sagt der eine so und der andere so, die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte, also Corona gibt’s a bisserl oder manchmal. Das ist natürlich Schwachsinn und brandgefährlich. Aber das ist ja der Vorteil des Glaubens. Wir alle sind verunsicherte Menschen in einer unkontrollierbaren Welt. Und die Sehnsucht nach Gewissheit kennt jeder und jede. …Und der nachzugeben ist nicht klüger als der Faulheit nachzugeben und nie wieder aus dem Bett aufzustehen. …. Aber dich wasserdicht gegen Denken und damit gegen Verunsicherung abzuschotten, das geht ganz gut und wir haben einige sehr erfolgreiche politische Bewegungen in den letzten Jahren gesehen, die genau davon leben und nicht umsonst, jetzt mit Ausnahme Chinas, überall dort, wo so autoritäre Herrschaft sich auf einem davor tendenziell demokratischen Gebiet entwickelt hat, war immer Religion ein Thema. Das sind die Hindu-Nazis des Herrn Modri, und das sind die ultraradikalen Christen In den USA, das sind die speichelleckenden staatstreuen orthodoxen Christen und ihre Hierarchien in Russland oder in der Türkei, wo der Herr Erdogan ja gesagt hat, dass die Demokratie die Eisenbahn ist, mit der wir unser Ziel, die islamische Republik erreichen werden, das ist kein Zufall, also alles, wo der Glaube den Zweifel, die Unsicherheit und das Suchen ablöst, ist langfristig zum Scheitern verurteilt, kann aber auf dem Weg dorthin so unfassbare Schäden anrichten, dass die nicht wieder gutzumachen sind. Das ist ein Unterschied, Irrsinn, Gewalt und Verblendung ganzer Länder oder Kontinente gab es immer schon, aber bis in die jüngere Vergangenheit hat die menschliche Spezies nicht die Fähigkeit gehabt, wirklich alles zu ruinieren, hat sich der Mensch also vorwiegend selbst geschädigt, und das ist vorbei und diese Erkenntnis, dass das jetzt keine rein innermenschliche Angelegenheit mehr, die ist einerseits schon ein bisserl durch, aber ich glaube, dass sogar das Stehenbleiben beim Stoppschild, was niemand wirklich macht, besser implementiert ist, als das wirklich in den Alltag mitzunehmen.“

ORF Radiothek, 11. 9. 2022: https://radiothek.orf.at/oe1/20220911/690965

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