Nachruf auf Hans Lenk

Foto: Werner Kreusch / AP
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Der Professor für Philosophie Hans Lenk an der ehemaligen Universität Karlsruhe und Olympiasieger von 1960 ist im Alter von 89 Jahren verstorben.

Lenk war von 1969 bis 2003 Professor für Philosophie an der damaligen Universität Karlsruhe, einer der Vorläufereinrichtungen des KIT. Er zählte zu den herausragenden Vertretern der deutschen Gegenwartsphilosophie. Bekanntheit erlangte Lenk nicht zuletzt durch seine sportliche Laufbahn: Bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom gewann er mit dem Deutschland-Achter die Goldmedaille.

Lenk wurde für sein Engagement mit zahlreichen weiteren Ehrungen ausgezeichnet. Im Jahr 2005 wurde ihm vom damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Im selben Jahr wählte ihn die Weltakademie der Philosophen (Institut International de Philosophie) als ersten Deutschen für drei Jahre zu ihrem Präsidenten. Damit hatte er das höchste wissenschaftliche Amt in der Philosophie inne. Die Ehrendoktorwürde wurde ihm von der Deutschen Sporthochschule Köln sowie von den Universitäten Moskau, Córdoba, Budapest und Pécs verliehen. Hinzu kommen renommierte Preise wie die Carl-Diem-Medaille oder der Distinguished Scholar Award der Internationalen Philosophischen Gesellschaft für das Studium des Sports.

Nach seiner sportlichen Karriere gehörte Hans Lenk als Sportfunktionär von 1973 bis 1992 gehörte er dem Nationalen Olympischen Komitee an, dann gab er sein Mandat aus Protest zurück. In einem offenen Brief an NOK-Chef Walther Tröger schrieb er:

Alle strategischen Positionen im deutschen Sport sind mit Opportunisten und Möchtegern-Potentaten besetzt. Das OK ist von allen olympischen Geistern verlassen.

Nach seiner Promotion in Kiel im Jahr 1961 und seiner Habilitation (in Philosophie und Soziologie) an der Technischen Universität Berlin war Lenk zunächst in Berlin als Lehrkraft tätig, bis er 1969 einen Ruf auf den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Karlsruhe erhielt. Lenk wurde 1981 in die National Academy of Kinesiology, 1995 in die Internationale Akademie für Philosophie der Wissenschaften und 2003 in die Russische Akademie der Wissenschaften berufen. Nach seiner Präsidentschaft der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland (1990–1993) wurde er Vorstandsmitglied der Weltgesellschaft für Philosophie FISP (1993–2008) und bekleidete von 1998 bis 2003 das Amt des Vizepräsidenten. Im Jahr 2005 wurde Lenk als erster Deutscher zum Präsidenten des Institut International de Philosophie (der “Weltakademie” des Faches) gewählt.

Neben Fragen der angewandten Philosophie (Wissenschaftstheorie, Moral-, Technik-, Sozial-, Sport- und Wirtschaftsphilosophie) lag ein Schwerpunkt von Lenks Philosophie in der Theorie der Interpretationskonstrukte. Hiernach haben wir immer nur mittels Interpretationen Zugang zur Welt, es gibt keine nichtinterpretative Beschreibung der Welt. Die Interpretation geschieht immer durch sogenannte Schemata, die formierende Grundlage unserer Erkenntnis und Handelns sind. Diese Unhintergehbarkeit der Interpretation führt nach Lenk jedoch zu keinem Relativismus, sondern zu einem pragmatischen Realismus. Lenks „schema-interpretationistischer Realismus“ hat Parallelen mit Hilary Putnams Konzeption des internen Realismus, ist aber stärker sozialpsychologisch, sozialphilosophisch und neurowissenschaftlich orientiert. Er hat Studien verfasst zu „Interpretationskonstrukten“, zu systematisierten Verantwortungstypen und -stufen, zur „Eigenleistung“ und zur „konkreten Humanität“.

Lenk hat auch Bücher zur SozialphilosophiePhilosophie des Geistes und der Wissenschaftstheorie geschrieben. Seine Publikationsliste umfasst fast 150 Bücher (ca. 30 zum Sport) und insgesamt über 3000 Titel.[3] 2013 erschien sein autobiografisches Werk Ratzeburger Goldwasser – vom Lago Albano bis Lambarene, in dem er auf sein Leben als Sportler und Geisteswissenschaftler zurückblickt. Der WorldCat hat 668 Werke von/über ihn. Aus Anlass seines 75. Geburtstages wurde er durch eine internationale Festschrift geehrt. (Quelle:Wikipedia)



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Dr. Andreas Gradert

Andreas Gradert studierte Theologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Psychologie an der University of Liverpool, Wirtschaftswissenschaften am MIT und Mediation am Wifi Salzburg und bei Lis Ripke.

Seit 22 Präsident des Humanistischen Verbandes Österreich, seit 24 der giordano bruno stiftung Österreich, früher im Präsidium Lebenshilfe Salzburg, jetzt im Präsidium Atheisten Österreich , aktiv im Zentralrat der Konfessionsfreien, bei der EU Fundamental Rights Agency, den Skeptikern, den Effektive Altruisten und diversen Menschenrechtsorganisationen sowie Beirat in der Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende.

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