Die Kinder lassen grüßen | Ein Dokumentarfilm von Patricia Josefine Marchart

Am 25. September wird in den Lichtspielen in Katsdorf ein Film gezeigt: Die Kinder lassen grüßen. Das klingt fein und kuschelig. Ist es aber nicht.

Ich möchte die Regisseurin des Films, Patricia Josefine Marchart, zu Wort kommen lassen;

Als wir die Idee zu diesem Film hatten, war unklar, ob wir überhaupt Menschen finden würden, die vor der Kamera über den Missbrauch, der ihnen angetan wurde, erzählen. Bewusst gab es das Angebot an alle das Gespräch entweder anonym oder unter ihrem Namen zu führen. Es kam ganz anders. In kürzester Zeit meldeten sich so viele Betroffene, dass wir nicht allen zusagen konnten. Alle wollten das was ihnen angetan wurde unbedingt unter ihrem eigenen Namen erzählen.

Der ganze Film ist von einer Urkraft getragen, die von den Betroffenen ausging, damit das Schweigen ein Ende hat.

Vor dem ersten Interview wusste ich nicht, was passieren würde. Die Kamera war unser unabhän- giger Beobachter, der alles nach außen transportierte. Ich hatte mir bewusst nichts vorgenommen. Die Betroffenen erzählten ihre Geschichten ganz von selbst. Als ob sie seit Jahrzehnten auf jemanden gewartet hätten, dem sie alles erzählen können. Was ich hörte, war schlimmer, als ich es mir je vorge- stellt hatte. Ich bekam kaum Luft, meine Knie zitterten.

Was diesen Menschen, von Priestern, Nonnen und Angehörigen der katholischen Kirche angetan wur- de, kann man mit Worten kaum beschreiben. Das können nur die Menschen selbst erzählen.

Nach dem ersten Interview war das Kamerakonzept klar. Die Betroffenen gestalteten das Gespräch. Danach suchten wir gemeinsam die Tatorte auf, an denen sie oft Jahrzehante nicht gewesen waren. An den Tatorten fragte ich nach Impulsen. Die Betroffenen konnten jederzeit das Filmen abbrechen. Schließlich wurde das Filmmaterial gemeinsam mit den Beteiligten geschnitten. Jeder hatte bis zum Schluss die Möglichkeit, sein Filmmaterial zurückzuziehen, was aber kein einziger wollte.

Die Betroffenen haben mir ein unglaubliches Vertrauen und eine Offenheit entgegengebracht. Darin steckte so viel Energie der Hoffnung und Lebenskraft die den ganzen Film trägt und überhaupt erst möglich gemacht hat. Dieser Film wollte gemacht werden. Die Menschen, die mitwirkten, haben die- sen Film gemacht. Meine Rolle war eigentlich nur mit großer Achtsamkeit und der Kamera anwesend zu sein und zu versuchen ihren Geschichten gerecht zu werden.

Wahrheitsmaterial. Nichts mehr und nichts weniger. Es sind die Geschichten der Betroffenen. Ich danke den Mitwirkenden von ganzem Herzen, die bereit waren, diesen Film zu machen.

Begleitet von der Kamera suchen die Betroffenen die Tatorte von damals auf, viele machen ihre Geschichten erstmals öffentlich, auch ihre Familien erfahren zum ersten Mal von diesem verschwiegenen Schmerz. Ein beklemmender Einblick in das wohl größte Verbrechen der Nachkriegszeit. Der nicht aufgearbeitete Missbrauch bleibt ein Trauma quer durch die Gesellschaft, ermöglicht durch ein Milieu der Unterdrückung und der Gottesfürchtigkeit. Eine Anklage, die sprachlos macht, aber auch Hoffnung.


2016 sprechen erstmals Menschen in Österreich, die von Priestern und Nonnen missbraucht wurden, offen über das, was ihnen angetan wurde. Begleitet von der Kamera suchen die neun Betroffenen die Tatorte von damals auf, viele machen ihre Geschichten erstmals öffentlich, ihre Familien erfahren mitunter zum ersten Mal von diesem verschwiegenen Schmerz. Nach zweijähriger Drehzeit liegt ein Sittenbild der Gewalt, Vertuschung und der Heuchelei vor, ein Einblick in das wohl größte Verbrechen der Nachkriegszeit, von dem rd. 16.000 Menschen betroffen sein dürften. Der sexuelle Missbrauch durch Kirchenangehörige bleibt ein Trauma quer durch die Gesellschaft.

Meine eigene Geschichte kann ich nach Jahrzehnten nun endlich auf die Reihe kriegen, mit hunderten Seiten Akten belegen, doch die Jahre sind gelebt und meine Kraft hätte für schönere Themen verwendet werden können.
Inge Killmeyer

Ein Film, der nicht nur anklagt sondern der auch Hoffnung gibt: Ich habe alles gesagt, ich bin jetzt kein Opfer mehr.
Joe Auer

Unheilige Allianz

Nach wie vor werden die Täter von der Kirche gedeckt oder gar versteckt, nach wie vor besteht eine unheilvolle Allianz zwischen Kirche und Staat. Trauriger Höhepunkt ist eine sogenannte “Geste der Verantwortung“, mit der Parlamentspräsidentin Bures und Kardinal Schönborn als Vertreter der Täterorganisation am 17. November im österreichischen Parlament einen endgültigen Schlussstrich unter ein für die Kirche unangenehmes Thema ziehen möchte.

Nach der Vorführung spielt Niklas Robert Lang aus seiner neuen CD von ℗Schwindsucht Records, Abendmahl südlich von Rimini.


Zur Uraufführung 2016 gab es hierzu eine Pressemitteilung von PURKARTHOFER PR

Verantwortung statt „Geste der Verantwortung“

Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt und Heimkinder kritisieren parlamentarischen „Staatsakt“ zu Missbrauch

Wien (OTS) – Eine sogenannte “Geste der Verantwortung” zur sexuellen Gewalt durch die Kirche haben Kardinal Schönborn und Parlamentspräsidentin Doris Bures nun für den 17.11 angekündigt. Die verstorbene NR-Präsidentin Barbara Prammer hatte hier mehr Feingefühl bewiesen und hat vor drei Jahren eine Veranstaltung der kircheneigenen Klasnic-Kommission unter Ausschluss der betroffenen Kirchenopfer im Hohen Haus unterbunden
(http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20130221_OTS0235/). Doch ihre
Nachfolgerin zeigt sich weit weniger sensibel für die Anliegen tausender Betroffener kirchlicher Gewalt. „Bures lässt eine Instrumentalisierung des Parlaments für Werbezwecke der Kirche zu“, kritisiert Sepp Rothwangl, Sprecher der Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt.

Verantwortung muss mehr als eine Geste sein

“Verantwortung beinhaltet mehr als eine bloße Geste: in einem ersten Schritt sollten die Opfer angemessen entschädigt und die Identität der Täter preisgegeben werden. Das ist bisher nicht passiert, die Kirchenopfer wurden mit Almosen abgespeist, zum Schweigen gebracht und die Täter werden großteils von der Klasnic-Kommission gedeckt“, erklärt Rothwangl. „Zuerst sollen Staat und Kirche zu ihrer Verantwortung stehen, danach kann eine solche Geste erfolgen. Aber so, wie es jetzt läuft, kann das angekündigte Event nur als billige Politshow bezeichnet werden“, schließt Rothwangl. Betroffenen-Vertreter wurden auch nicht in die Planung dieser Veranstaltung eingebunden. Sie appellieren nun an Bundeskanzler Kern, das Event abzusagen und endlich eine täterunabhängige staatliche Kommission zur Aufklärung der kirchlichen Missbrauchs- und Vertuschungsverbrechen nach irischem Vorbild einzurichten.

Auch Ex-Heimkinder gegen Gesten-Politik

Ebenso empört reagiert Österreichs Heimkinder-Vereinigung. „Wir können uns eine solche Zeremonie erst vorstellen, wenn unsere Forderungen nach der Herausgabe unserer Akten und nach einer Entschädigung aller Betroffenen erfüllt ist. Die Ex-Heimkinder haben Schreckliches erlebt, viele nagen am Hungertuch und werden im Ämterspießrutenlauf im Kreis geschickt“ sagt Johann Kailich von der Selbsthilfegruppe der Ex-Heimkinder.

Verjährungsverzicht gefordert

Die konkreten Forderungen:

  • Die r.k. Kirche soll auf die Verjährung bei Gerichtsverhandlungen verzichten. Das hatte Schönborn auch angekündigt, hernach jedoch nicht wahrgemacht. Deswegen hatten hunderte Betroffene, die den Klagsweg beschreiten wollten, keine Chance auf Gerechtigkeit die Verbrechen lagen schon zu lange zurück und galten daher als verjährt.
  • Die r.k. Kirche verhindert weiterhin eine Vernetzung der Betroffenen. Die „Verjährungskette“ könnte eine strafrechtliche Verfolgung möglich machen, wird jedoch unterbunden.
  • Die r.k. Kirche hat lächerlich geringe Entschädigungszahlungen geleistet, im Schnitt waren es 14.000 EUR. Das kompensiert keineswegs die vielfache lebenslange Traumatisierung der Opfer. Hier müssen angemessene Entschädigungssummen bezahlt werden. Wo vor Gericht die Verjährung ausgehebelt werden konnte, wurde im Vergleich fast das 20-fache der Klasnic-Gestenleistung erzielt. -Errichtung eines staatlichen Fonds nach dem Vorbild des “Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus”.

Regie & Kamera: Patricia Josefine Marchart
Moderation: Sonja Pasch, Gerhard Hintenberger
Betroffene: Georg Prader, Klaus Oberndorfer, Sepp Rothwangl

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Abdruck in Zusammenhang mit Berichten über diesen Film honorarfrei.
Fotografin: ©Patricia Marchart

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Anfragen:
PURKARTHOFER PR
Jakob Purkarthofer
+43-664-4121491
info@purkarthofer-pr.at

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Dr. Andreas Gradert

Andreas Gradert studierte Theologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Psychologie an der University of Liverpool, Wirtschaftswissenschaften am MIT und Mediation am Wifi Salzburg und bei Lis Ripke.

Seit 22 Präsident des Humanistischen Verbandes Österreich, seit 24 der giordano bruno stiftung Österreich, früher im Präsidium Lebenshilfe Salzburg, jetzt im Präsidium Atheisten Österreich , aktiv im Zentralrat der Konfessionsfreien, bei der EU Fundamental Rights Agency, den Skeptikern, den Effektive Altruisten und diversen Menschenrechtsorganisationen sowie Beirat in der Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende.

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