Der Kontrast könnte kaum größer sein
Die zweite TV-Debatte im diesjährigen US-Präsidentschaftswahlkampf kann als ein Schlagabtausch auf Augenhöhe bezeichnet werden, der verdeutlichte, wie eng das Rennen um das Weiße Haus tatsächlich ist. Es handelte sich um das erste Aufeinandertreffen zwischen dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump und der Vizepräsidentin Kamala Harris. Letztere hatte Präsident Joe Biden nach dessen desaströser Leistung in der ersten TV-Debatte im Juni als Spitzenkandidatin der Demokraten abgelöst.
Im Verlauf von über 90 Minuten bemühten sich die beiden Kandidatinnen und Kandidaten, ihre Perspektiven und Visionen für die Vereinigten Staaten von Amerika darzulegen. Der Kontrast zwischen den beiden Kandidierenden hätte dabei wohl kaum größer sein können. In seiner Rhetorik bezeichnet Trump die USA wiederholt als “failing nation” und gibt der aktuellen Regierung unter Präsident Biden die Schuld für den Zustand des Landes. Harris, die Teil dieser amtierenden Regierung ist, postulierte demgegenüber, dass es sich um eine Nation handle, in der die Menschen gemeinsam für eine bessere Zukunft kämpfen.
Die vom US-amerikanischen Fernsehsender ABC News produzierte Debatte begann mit einer bemerkenswerten Geste, als Harris direkt auf Trump zuging und sich mit einem Handschlag vorstellte. Es handelte sich dabei um die erste Debatte zwischen den beiden Kontrahenten, gleichzeitig aber auch um das erste persönliche Aufeinandertreffen überhaupt.
„Trump wurde von 81 Millionen Menschen gefeuert“
Im Rahmen der diesjährigen Wahlkampfdebatten wurden eine Reihe von zentralen Themen erörtert, darunter die Wirtschaftslage, Fragen der Einwanderung, Abtreibung sowie die Konflikte in der Ukraine und im Gazastreifen. Wie so oft im Rahmen des US-amerikanischen Wahlkampfs wurde die Substanz bedauerlicherweise größtenteils außer Acht gelassen. Schon nach kurzer Zeit wurde ersichtlich, dass Harris eine relativ einfache Strategie verfolgte. Sie konfrontierte Trump wiederholt mit provokanten Aussagen, um seine Reaktion zu testen. Und der ehemalige Präsident zeigte sich gewillt, darauf einzugehen.
Auch ohne Publikum konnte die Debatte mit einer Vielzahl an kontroversen Standpunkten aufwarten. Harris übte Kritik an Trumps Wirtschaftsplänen, äußerte sich humoristisch über dessen Bewunderung für Diktatoren und bestätigte, dass er die Wahl vor vier Jahren tatsächlich verloren hatte. “Donald Trump wurde von 81 Millionen Menschen abgewählt”, sagte die 59-Jährige mit Anspielung auf die Anzahl von Stimmen, die Präsident Biden 2020 erhielt.
Auch fast vier Jahre nach seiner Niederlage ist Trump nicht gewillt, diese anzuerkennen. Erneut hat er erklärt, über zahlreiche Beweise und Statistiken zu verfügen, die seinen Sieg belegen würden. Der Fokus von Trump auf die Vergangenheit, sei es der angeblich gestohlene Wahlsieg oder Mutmaßungen darüber, dass es unter seiner Führung zum Krieg in der Ukraine erst gar nicht gekommen wäre, wurde von Harris umgehend genutzt, um die Debatte zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
“Ich bin nicht Joe Biden und schon gar nicht Donald Trump.” “Und das, was ich anbiete, ist eine neue Führungsgeneration für unser Land”, sagte die Vizepräsidentin.
Auch Trump konnte punkten
Im Verlauf der Debatte zeichnete sich Harris durch eine überlegtere und gelassenere Haltung aus als ihr Kontrahent. In der Debatte gelang es Trump jedoch, beim Thema Einwanderung sowie den politischen Kurswechseln, die seine Kontrahentin in den vergangenen Jahren vollzogen hat, zu punkten.
Trump charakterisierte sie als “radikale Linke”, deren politische Agenda sich an den jeweiligen politischen Konjunkturen orientiere. “Sie wird euch eure Waffen wegnehmen und Fracking in Pennsylvania verbieten”, fügte der 78-Jährige hinzu. Die Förderung von Erdgas und Erdöl mittels Fracking spielt insbesondere im Hinblick auf die Beschäftigungssituation im US-Bundesstaat Pennsylvania eine herausragende Rolle.
Wahlkampf mit Hetze gegen Migranten
Auch die Situation an der Grenze zwischen den USA und Mexiko ist von großer Bedeutung. Diese Entwicklung spielt Trump in die Hände. Obgleich die Anzahl unerlaubter Grenzübertritte in den vergangenen Monaten signifikant gesunken ist, deuten Umfragen darauf hin, dass ein Großteil der amerikanischen Bevölkerung eine restriktivere Einwanderungspolitik befürwortet und Trump als die geeignetste Persönlichkeit betrachtet, um diese umzusetzen. Trump identifiziert die unkontrollierte Einwanderung als Ursache für die Kriminalität im Land.
Es kann angenommen werden, dass seine Erwähnung eines unbestätigten Berichts, der auf zahlreichen rechten Online-Seiten verbreitet wird, eine weniger produktive Wirkung hatte. In besagtem Bericht wird die Behauptung aufgestellt, dass Migranten aus Haiti in einem Ort in Ohio für Chaos sorgen und sogar Haustiere stehlen, um diese dann zu essen. Die lokalen Behörden gaben bereits im Vorfeld zu verstehen, dass ihnen keine glaubwürdigen Belege für die behaupteten Vorfälle vorlägen.
Im Verlauf der Debatte wiederholte Trump zudem seine bereits bekannten Behauptungen. Des Weiteren äußerte Trump den Vorwurf, dass die Regierung unter Joe Biden das amerikanische Justizsystem gegen seine Person missbrauchen würde. Dies würde dazu führen, dass die gesamte Welt Präsident Joe Biden und damit auch die USA als schwach wahrnimmt.
Taylor Swift spricht sich für Harris aus
In der Konsequenz zeigten sich beide Seiten zufrieden. Das Wahlkampfteam von Harris gab bekannt, dass die Vizepräsidentin für eine weitere Debatte im Oktober zur Verfügung stünde. Trump zeigte sich jedoch bislang wenig kompromissbereit, obschon er die Debatte als seine beste bezeichnete.
Für Harris kam die vielleicht bedeutendste Nachricht erst kurz nach dem Ende der Debatte. In einem Instagram-Post verkündete die Musikerin Taylor Swift, dass sie bei der Präsidentschaftswahl im November für die Kandidatin Kamala Harris und deren Vizekandidaten Tim Walz stimmen werde. Swift bekundete, dass sie Harris für eine besonnene, begabte Führungspersönlichkeit halte und davon überzeugt sei, dass die Vereinigten Staaten von Amerika viel mehr erreichen könnten, wenn sie von Ruhe und nicht von Chaos geleitet würden.
Es bleibt abzuwarten, ob die Kandidaten durch die Debatte auch wichtige unabhängige Wähler für sich gewinnen konnten.
Donald Trump ist nicht als Humanist bekannt, da seine politischen Ansichten und Entscheidungen häufig im Widerspruch zu humanistischen Werten stehen. Der Humanismus basiert auf der Idee der Förderung von Gleichheit, Menschenrechten und sozialer Gerechtigkeit, wobei das Wohl aller Menschen im Mittelpunkt steht. Trumps Politik und Rhetorik während seiner Präsidentschaft war oft nationalistisch und polarisiert und widersetzte sich häufig diesen Prinzipien.
1. Nationalismus und Protektionismus
Trump setzte sich stark für eine „America First“-Politik ein, die darauf abzielte, die Interessen der USA über die globalen Gemeinschaftsinteressen zu stellen. Dies zeigte sich insbesondere in seinem wirtschaftlichen Protektionismus, wo er Zölle gegen andere Länder, insbesondere China, verhängte, um die US-Wirtschaft zu schützen. Diese Maßnahmen standen im Widerspruch zu humanistischen Idealen, die für globale Zusammenarbeit und gegenseitigen Nutzen eintreten.
- Beispiel: Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen im Jahr 2017 wird als ein Beispiel gesehen, bei dem er nationale Interessen über globale Verantwortung gestellt hat. Das Abkommen ist eine internationale Initiative, um den Klimawandel zu bekämpfen – ein humanistisches Ziel, das sich auf das Wohl aller Menschen konzentriert.
- BBC News – Why did Trump pull out of the Paris Agreement?
- The Guardian – What does US withdrawal from Paris climate accord mean?
2. Migration und Gleichheit
Trumps Einwanderungspolitik, einschließlich des Baus einer Mauer an der Grenze zu Mexiko und seines Versuchs, Muslime aus bestimmten Ländern aus den USA zu verbannen, wurde als diskriminierend und unmenschlich angesehen. Humanisten setzen sich für Gleichheit und die Rechte aller Menschen ein, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Glauben oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit.
- Beispiel: Die „Familientrennungen“ an der US-Grenze, wo Kinder von ihren Eltern getrennt wurden, lösten weltweit Empörung aus. Diese Praxis widersprach klar humanistischen Idealen der Menschenwürde und des Respekts vor Familienrechten.
3. Spaltung und Diskriminierung
Trump wurde oft für seine spalterische Rhetorik kritisiert, die oft rassistische, sexistische oder fremdenfeindliche Töne enthielt. Humanisten fördern Toleranz und Respekt vor der Vielfalt. Trumps Aussagen und Tweets, insbesondere gegen Migranten oder Minderheiten, widersprachen diesen Werten.
- Beispiel: Trumps Reaktion auf die „Charlottesville-Proteste“ 2017, als er erklärte, dass es „sehr gute Menschen auf beiden Seiten“ gab, wurde stark kritisiert, weil sie die Gewalt und den Rassismus von weißen Nationalisten relativierte.
4. Menschenrechte und Justiz
Humanisten setzen sich stark für die Einhaltung von Menschenrechten ein. Während Trumps Amtszeit gab es mehrere Vorwürfe, dass er die Unabhängigkeit der Justiz und die Wahrung der Menschenrechte in Frage stellte. Seine Versuche, Richter zu beeinflussen, und sein oft feindseliges Verhältnis zur Presse und zu Kritikern im Allgemeinen, untergruben wichtige humanistische Prinzipien wie Meinungsfreiheit und Gerechtigkeit.
5. Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen
Trump zog die USA 2017 aus dem Pariser Abkommen zurück, das darauf abzielt, den globalen Klimawandel zu bekämpfen. Dies widersprach humanistischen Zielen, die den Schutz der Umwelt und das Wohlergehen aller Menschen auf der Welt fördern. Der Klimawandel betrifft weltweit vor allem ärmere und verwundbarere Bevölkerungsgruppen.
6. Einwanderungspolitik und „Muslim Ban“
Trump verhängte ein Reiseverbot für Bürger aus mehreren mehrheitlich muslimischen Ländern, was als diskriminierend und islamophob kritisiert wurde. Humanismus setzt sich für Gleichheit und die Würde aller Menschen ein, unabhängig von ihrer Religion oder Herkunft.
7. Familientrennungen an der US-Grenze
Trumps „Null-Toleranz“-Politik führte zur Trennung von Tausenden Kindern von ihren Eltern an der US-mexikanischen Grenze. Diese Praxis wurde als grausam und unmenschlich kritisiert. Humanisten betonen die Bedeutung von Mitgefühl, sozialer Gerechtigkeit und den Schutz von Familien.
8. Rhetorik zu Charlottesville
Nach den gewaltsamen Protesten in Charlottesville 2017, bei denen weiße Nationalisten marschierten und eine Frau getötet wurde, sagte Trump, es gäbe „sehr gute Menschen auf beiden Seiten“. Dies wurde als Relativierung von Rassismus und Gewalt wahrgenommen. Humanisten lehnen Rassismus und jegliche Form von Diskriminierung ab.
9. Austritt aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
2020 kündigte Trump den Austritt der USA aus der WHO an, mitten in der COVID-19-Pandemie. Dies schwächte internationale Bemühungen zur Bekämpfung der globalen Gesundheitskrise. Humanisten unterstützen globale Kooperation, um das Wohlergehen aller Menschen zu sichern.
10. Vernachlässigung der COVID-19-Krise
Trumps Umgang mit der Pandemie wurde oft als unverantwortlich angesehen. Er spielte die Gefahr des Virus herunter, was zu einer höheren Zahl an Infektionen und Todesfällen führte. Humanismus fördert wissenschaftliches Denken und den Schutz der öffentlichen Gesundheit, beides ignorierte Trump oft.
11. Rassistische Äußerungen und Politik
Trump machte wiederholt rassistische Bemerkungen, zum Beispiel über mexikanische Einwanderer („Vergewaltiger“) und seine Weigerung, sich deutlich von weißen Suprematisten zu distanzieren. Humanisten setzen sich für die Gleichheit aller Menschen ein, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft.
13. Angriffe auf die Pressefreiheit
Trump bezeichnete die Medien wiederholt als „Feinde des Volkes“ und untergrub damit die Meinungsfreiheit, eine der Grundsäulen demokratischer Gesellschaften. Humanismus befürwortet den freien Austausch von Ideen und Meinungen, um die Wahrheit zu fördern und die Gesellschaft zu verbessern.
13. Verweigerung der Wissenschaft
Während seiner Präsidentschaft leugnete Trump wiederholt wissenschaftliche Erkenntnisse, insbesondere in Bezug auf den Klimawandel und die Pandemie. Er unterdrückte wissenschaftliche Berichte und stellte Experten in Frage. Humanismus fördert das Verständnis der Welt durch Wissenschaft und Vernunft.
14. Wirtschaftliche Ungleichheit und Steuerreform
Trumps Steuerreform 2017 kam hauptsächlich den Reichen und Großunternehmen zugute und trug zur Verschärfung der wirtschaftlichen Ungleichheit bei. Humanisten setzen sich für soziale Gerechtigkeit ein und fordern eine gerechtere Verteilung des Wohlstands, um das Wohl aller Menschen zu verbessern.
Nationalismus
Pariser Klimaabkommen und Klimawandel
- BBC News – Why did Trump pull out of the Paris Agreement?
- The Guardian – What does US withdrawal from Paris climate accord mean?
Familientrennungen an der Grenze
- New York Times – Family Separation Policy
- The Atlantic – Trump’s War on Immigration
- Vox – Trump’s Family Separation Crisis
Charlottesville und weiße Nationalisten
Austritt aus der WHO und Pandemie-Politik
- The New York Times – Trump Administration Ends U.S. Relationship With WHO
- CNN – US to withdraw from WHO in 2021
COVID-19-Krisenmanagement
- The Atlantic – How Trump Let the U.S. Fall Behind in the Pandemic
- The Guardian – Trump’s Failure on COVID-19
Rassistische Äußerungen und weiße Suprematisten
Angriffe auf die Pressefreiheit
- The Washington Post – Trump’s War on the Media
- Committee to Protect Journalists – Trump and the Media
Leugnung von Wissenschaft
Steuerreform und wirtschaftliche Ungleichheit
Durch diese und andere Entscheidungen hat Trump oft gegen Prinzipien verstoßen, die den Humanismus ausmachen. Seine Betonung von Nationalismus und wirtschaftlichem Eigeninteresse und seine oft spalterische Rhetorik stehen in einem deutlichen Gegensatz zu den Idealen des Humanismus, der auf Kooperation, Gerechtigkeit und der Förderung des menschlichen Wohlergehens basiert.
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